
Keine neuen US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland, Befehlskommando in Wiesbaden auflösen, Friedensgebot der Hessischen Verfassung einhalten!
Auftaktkundgebung 12 Uhr Hauptbahnhof
Abschlusskundgebung 14.30 Uhr Kranzplatz
Die USA planen ab kommendem Jahr die Stationierung landgestützter Mittelstreckenwaffen in Deutschland.
Wollen wir, dass es dazu kommt?
Ganz und gar nicht – wir sagen nein!
Im INF-Vertrag von 1987 wurde definiert, um welche Waffen es geht, nämlich um ballistische Raketen und Marschflugkörper, die von landgestützten Startvorrichtungen, also vom Boden, abgeschossen werden und 500 bis 5.500 Kilometer weit fliegen können.
Aktuell wollen die USA Waffen mit einer Reichweite bis zu 2.700 Kilometer bei uns aufstellen. Von Grafenwöhr in Bayern könnten die Waffen Ziele in Moskau oder kurz vor dem Ural ausschalten, z.B. Machtzentren, Kommandozentralen der strategischen Truppen Russlands, Frühwarnradars oder Raketensilos. Marschflugkörper fliegen besonders niedrig, buchstäblich unter dem Radar. Hyperschallwaffen hingegen fliegen besonders schnell. In beiden Fällen kommt der Angriff überraschend, eine Abwehr ist kaum möglich.
Wollen wir, dass es dazu kommt?
Ganz und gar nicht – wir sagen nein!
Eine Mittelstreckenwaffe schoss das russische Militär im letzten November auf eine ukrainische Rüstungsfabrik in Dnipro ab und machte damit unmissverständlich klar: Eine eigentlich schon abgeschaffte Waffengattung ist zurück in den Arsenalen, eine neue Rüstungsspirale droht.
Wollen wir, dass es dazu kommt?
Ganz und gar nicht – wir sagen nein!
Präsident Putin erläuterte im November, der Einsatz der Hyperschallrakete »Oreschnik« sei „in diesem Fall“ – er sagte wirklich „in diesem Fall“ – ohne Atomsprengkopf erfolgt. Der Kommandeur der Strategischen Streitkräfte Russlands ergänzte, ein massenhafter Einsatz dieser und anderer hochpräziser Mittelstreckenwaffen, die Russland entwickelt oder bereits stationiert, könnte schon mit konventionellen Sprengköpfen verbunkerte oder großflächige Ziele zerstören und damit strategische Wirkung erzielen, „vergleichbar dem Einsatz von Atomwaffen“ – auch das ist ein Zitat: „vergleichbar dem Einsatz von Atomwaffen“.
Wollen wir, dass es dazu kommt?
Ganz und gar nicht – wir sagen nein!
Vielleicht sollten wir das aber doch einmal durchdenken.
Eine Seite schießt ein paar Dutzend dieser Mittelstreckenwaffen ab – weil sie glaubt, es stehe ein Angriff der Gegenseite unmittelbar bevor, weil ein Warnsystem auslöst oder kompromittiert wurde, weil ein Manöver der Gegenseite falsch interpretiert wird oder weil sie tatsächlich einen Angriff durchgeführt. Die Waffen fliegen zu den Zielen im gegnerischen Land, werden irgendwann entdeckt, können aber nicht wirksam abgefangen werden. Was tut die andere Seite? Sie schießt ihrerseits Mittelstreckenwaffen ab.
Wir reden von US-Waffen, die von Deutschland aus gegen Russland fliegen, nach Moskau, Richtung Ural, vielleicht nach Petersburg oder Kaliningrad. Und die russischen Waffen, die fliegen Richtung Deutschland, denn hier sind die US-Waffen ja stationiert. Sie fliegen nach Wiesbaden, weil hier seit gut drei Jahren die Multi-Domain Task Force und das 56. Artilleriekommando untergebracht sind. Sie fliegen nach Stuttgart, weil im EUCOM die Befehlszentrale des US-Militärs für Europa ist. Sie fliegen nach Grafenwöhr, wo das 41. Artilleriekommando schon vor sieben Jahren reaktiviert wurde – Ihr seht, die Stationierung der US-Waffen war seit Jahren geplant. Vermutlich fliegen russische »Oreschniks« dann auch nach Berlin und anderen politisch oder militärisch wichtigen Orten, wie zur Ramstein Airbase.
Zum Überlegen bleibt keine Zeit. Die Gegner trauen dem jeweils anderen das Schlimmste zu. Russland glaubt den Beteuerungen nicht, die US-Waffen seien nur konventionell bestückt, schickt in Panik Atomraketen los. Sollte das der Fall sein, aktivieren die USA vielleicht auch ihre Atomstreitkräfte – die Reihenfolge kann auch umgekehrt sein.
Dieses Szenario mag übertrieben klingen. In strategischen War Games des US-Militärs, ob am Computer oder am Manövertisch, werden am Ende einer Eskalationsspirale aber typischerweise Atomwaffen eingesetzt. Das wird bei russischen War Games nicht anders sein.
Sieht so die Sicherheit aus, die die Politiker und Militärs uns vorgaukeln wollen? Fühlen wir uns mit Mittelstreckenwaffen wirklich besser geschützt?
Wollen wir, dass es dazu kommt?
Ganz und gar nicht – wir sagen nein!
Den INF-Vertrag hatten Ronald Reagan und Michail Gorbatschow 1987 vereinbart. Der Vertrag führte binnen weniger Jahre zur Verschrottung sämtlicher Waffen dieser Kategorie in Westeuropa und dem damaligen Ostblock. Nicht durch die Stationierung der Mittelstreckenwaffen, sondern durch ihre Abschaffung hatte sich unsere Sicherheit erhöht!
Vor fünf Jahren, in seiner ersten Amtszeit als US-Präsident, kündigte Donald Trump den INF-Vertrag auf, Russland zog sofort nach. Beide Seiten hatten sich zuvor der Vertragsverletzungen beschuldigt. Die vorgesehenen Mechanismen zur Streitschlichtung und Verifikation hatten beide Seiten einfach ignoriert – und einen vorbildlichen völkerrechtlichen Vertrag leichtfertig aufgegeben. Nun haben wir den Salat oder vielmehr die Aussicht auf ein neues Mittelstreckenrüsten.
Wollen wir, dass es dazu kommt?
Ganz und gar nicht – wir sagen nein!
Eines möchte ich noch erwähnen: Selbst wenn die US-Waffen doch nicht kommen, ist die Gefahr nicht gebannt. Die deutsche Regierung will mit sechs Partnerländern eigene Marschflugkörper mittlerer Reichweite entwickeln, bauen und stationieren. Das Projekt läuft unter dem Namen ELSA – European Long Range Strike Approach.
Wollen wir, dass es dazu kommt?
Ganz und gar nicht – wir sagen nein!
Ich spreche hier für die Kampagne »Friedensfähig statt erstschlagfähig! Für ein Europa ohne Mittelstreckenwaffen«. Das ist es, was wir wollen:
- Keine neuen Mittelstreckenwaffen, nicht in Deutschland, nicht in Russland, nirgendwo in Europa!
- Abzug der Multi-Domain Task Force und des Artilleriekommandos aus Wiesbaden!
- Dialog statt Aufrüstung! Verhandlungen zwischen den USA, Russland und gegebenenfalls weiteren Staaten über einen neuen Mittelstreckenvertrag!
- Nicht Auflösung, sondern Stärkung des Völkerrechts!
- Und wir fordern neue Initiativen für gemeinsame Sicherheit und Zusammenarbeit!
Wir wissen, das ist nicht einfach, und dennoch:
- Wir beharrend auf der langfristigen Vision einer gemeinsamen Friedensordnung in Europa!
Ihr Politiker*innen und Militärs, hört mir gut zu! Das ist es, was wir wollen! Das verstehen wir unter Sicherheit!
Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit.
Regina Hagen ist aktiv im Darmstädter Friedensforum und im Kampagnenrat »Friedensfähig statt erstschlagfähig! Für ein Europa ohne Mittelstreckenwaffen« (friedensfaehig.de).